Stellen Sie sich vor, Sie sitzen alleine ruhig und entspannt
und warm eingemummelt in einem Straßencafè. Vor Ihnen steht auf einem kleinen
Tisch Ihr geliebter Milchkaffe mit einem Glas Wasser und einem Keks. Sie lassen
Ihre Gedanken spazieren gehen und beobachten die Leute, wie sie vorbei
schlendern. Am Nebentisch sitzen eine Frau und ein Mann. Beide sind gut
gekleidet, ein bisschen alternativ vielleicht, wirken aber gepflegt. Sie wirken
vertraut miteinander und sind im Gespräch. Mal halten sie ihren Kopf ganz nah
beieinander und tuscheln, mal reden sie etwas lauter und scheinen zu
diskutieren, mal sitzen sie still und schauen sich nur an. Während Sie
zuschauen und ein wenig zuhören, die frische Luft spüren und den Kaffee
genießen, beginnt ihre Phantasie deren Verhalten zu interpretieren, deren Mimik
und Gestik mit Ihrer Erfahrung zu verknüpfen und mit unterschiedlichen Annahmen
und Möglichkeiten auszuschmücken. In Ihrer Gedankenwelt entsteht eine komplette
Geschichte, eine Liebesgeschichte, dessen Verlauf sie selbst bestimmen. Ihre
Gedanken und ihr Gemütszustand erschaffen diese Geschichte. Wenn Sie sich gerade
einsam und sehnsüchtig fühlen, werden Sie diese Geschichte wohl eher romantisch
ausrichten. Vielleicht werden Sie die beiden aber auch beneiden und sich
ärgern, weil die beiden etwas erleben, dass Sie selbst gerne erleben möchten.
Dann werden Ihnen die beiden Menschen bald gar nicht mehr gefallen. Wenn Sie
aber ausgeruht sind und sich zufrieden fühlen, werden Sie den Leuten
wahrscheinlich ihr Zusammensein gönnen und sich an ihnen erfreuen.
Haben Sie das schon einmal bewusst erlebt?
Jeder Mensch erschafft mit den eigenen Gedanken eine eigene
Welt, eine ganz eigene Wirklichkeit, die meist mit der Wirklichkeit des anderen
wenig zu tun hat. Erst im direkten kommunikativen Austausch über die Ereignisse
können wir eine gemeinsame Welt erschaffen. Dann brauchen wir keine Annahmen,
Interpretationen oder Gerüchte mehr.
Es sind nur wenige Impulse über die Sinnesorgane nötig, um
jederzeit neue Geschichten zu schreiben. Die Welt und das Fernsehen sind
angefüllt mit solchen „Soaps“. Vorsicht ist geboten die eigene Welt als richtig
und wahr darzustellen. Sie ist nur für Sie selbst wahr.
kumud@web.de